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Wissenschaft kompakt

Was haben Eichenprozessionsspinner mit dem DWD zu tun?


Auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes gibt es nicht nur
Informationen über Wetter und Klima, sondern auch eine Vielzahl
abgeleiteter Indizes für verschiedene Nutzergruppen. Seit Anfang
April 2025 befindet sich darunter auch eine Web-Applikation zum
Gefährdungspotenzial durch den Eichenprozessionsspinner.


Eines der Kerngeschäfte des Deutschen Wetterdienstes ist die Warnung
der Bevölkerung vor wetterbedingten Gefahren in Form von amtlichen
Wetterwarnungen. Neben diesen Warnungen wird für die
unterschiedlichsten Nutzergruppen eine Vielzahl an Indizes erstellt,
von denen manche sicher bekannter sind als andere. So spielen
insbesondere im Sommerhalbjahr der UV-Index und der Thermische
Gefahrenindex eine wesentliche Rolle für die Allgemeinheit und sollen
entsprechende Anpassungen im Umgang mit potenziell erhöhter und damit
gefährlicher Sonnenstrahlung und Hitze ermöglichen. Bekannt ist
vielleicht auch der sogenannte Waldbrandgefahrenindex, der das
Waldbrandpotenzial beschreibt. Nicht zu verwechseln ist dieser mit
der von Landesbehörden ausgerufenen Waldbrandstufe. Weitere
Spezialinformationen, Portale und Indizes existieren unter anderem
für die Energiewirtschaft, den Gesundheitssektor, die Luft- und
Schifffahrt sowie den Katastrophenschutz. Eines der größeren
Themenfelder betrifft die Land- und Forstwirtschaft. Für diese
sogenannten agrarmeteorologischen Anwendungen werden zahlreiche,
teils auch saisonal relevante Gefahrenhinweise veröffentlicht, z.B.
der sogenannten Bodenfeuchteviewer oder Indizes zur Bodenfrost- oder
Waldbrandgefahr, der Graslandfeuerindex oder auch eine Übersicht zur
Gefahr von Hitzestress bei Geflügel für einige Tage im Voraus.

In diesem Themenkomplex der land- und forstwirtschaftlichen
Fachnutzer wird nun seit Anfang April 2025 auch ein Tool zum Thema
Eichenprozessionsspinner veröffentlicht. Es beinhaltet die
tagesaktuelle Abschätzung und die Prognose der Gefahren durch den
Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.) sowohl für
die Eichenvitalität als auch für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Die kostenfreie, öffentlich zugängliche Web-Applikation liefert
flächendeckend Informationen zum Eichenaustrieb und zur Entwicklung
des Eichenprozessionsspinners und unterstützt so das Monitoring für
die Gefahrenabschätzung und die Planung von regulierenden
Gegenmaßnahmen. Das von der Forstlichen Versuchs- und
Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) sowie der Universität für
Bodenkultur Wien (BOKU) gemeinsam entwickelte und vom Deutschen
Wetterdienst (DWD) gehostete Online-Frühwarnsystem "PHENTHAUproc -
Phänologiemodellierung von Thaumetopoea processionea" berechnet
modellhaft anhand temperaturbasierter Verfahren tagesaktuell und mit
einer Prognose bis sieben Tage im Voraus die phänologische
Entwicklung des Eichenprozessionsspinners und seiner Wirtsbaumart,
der Stieleiche (Quercus robur L.).

Anwendung kann das Tool sowohl im Pflanzenschutz als auch im
Gesundheitsschutz für Mensch und Tier finden. Verfügbar ist eine
Gefährdungskarte für ganz Deutschland in einer räumlichen Auflösung
von 1x1 km-Pixel. Zusätzlich sind für jedes Pixel Detailinformationen
abrufbar. Das kostenfreie Tool richtet sich an die Praxis in der
Forstwirtschaft und Baumpflege, an Waldbesitzende, Behörden,
Unternehmen, Freizeiteinrichtungen sowie an die allgemeine
Öffentlichkeit. Die Modellierung der Larven- und Puppenentwicklung
dient im Jahresverlauf zur Abschätzung von potenziellem Kahlfraß
durch die Raupen und der steigenden Gesundheitsgefährdung durch die
Brennhaare (Setae) der Larven und gibt somit Anhaltspunkte, wann
zeitlich treffend präventive oder mechanische Regulierungsmaßnahmen
sinnvoll einsetzbar sind.

Der Hintergrund bzw. die Notwendigkeit eines solchen Tools ergibt
sich daraus, dass das Auftreten des Eichenprozessionsspinners in
Mitteleuropa seit Anfang der 1990er Jahre stark zugenommen hat.
Infolge der Klimaänderung gilt der Eichenprozessionsspinner im Wald
sowie auf mit Eichen bewachsenen Grünflächen im ländlichen und
urbanen Raum als Dauerschädling mit wechselnder Populationsdichte.
Infolge von Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners mit
wiederholtem Kahlfraß durch die Raupen und anschließendem Befall der
dadurch geschwächten Bäume mit Schadorganismen wie Prachtkäfer oder
Hallimasch besteht die Gefahr, dass Eichen absterben. Die Brennhaare
der Larven des Eichenprozessionsspinners bergen ernsthafte
gesundheitliche Gefahren für Mensch und Tier. Sie können heftige
Haut- und Atemwegsreizungen bis zum allergischen Schock verursachen.

Anhand der aktuellen Darstellung in der Fläche lässt sich erkennen,
dass sich das Entwicklungsstadium innerhalb Deutschlands meist
zwischen dem 1. und 3. Larvenstadium befindet. Schaut man neben der
Flächendarstellung auf einen speziellen Ort, lassen sich anhand der
dann abrufbaren grafischen und tabellarischen Darstellungen
zusätzliche Informationen zu möglichen Regulierungsmöglichkeiten und
zur Gesundheitsgefährdung durch die Brennhaare abrufen, die etwa im
Übergang vom 2. zum 3. Larvenstadium einsetzt. Am aktuellen Beispiel
ist dies vielerorts in Deutschland seit etwa Anfang Mai der Fall. Die
höchste Gesundheitsgefahr durch die Brennhaare besteht im 6.
Larvenstadium, kurz vor der Verpuppung.

Basis diese Tagesthemas sind Auszüge aus der Pressemitteilung des DWD
"Eichenprozessionsspinner: Frühwarnsystem jetzt online" vom
03.04.2025.

Dipl.-Met. Sabine Krüger

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.05.2025

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